Voll angespannter Vorfreude standen wir in Stuttgart zusammen. Die Abenteuer, die wir erleben würden waren bereits greifbar, doch noch schienen sie in weiter Ferne. Um diese reale Distanz von 1.300 Kilometern zum Ziel unserer Reise möglichst schnell schwinden zu lassen, war erst einmal Sitzfleisch gefragt. Der gelbe Bus würde den Rest erledigen und uns auf unserer 18 stündigen Fahrt sicher an unser Ziel bringen.
Die Tage waren gefüllt mit neuen Eindrücken und Erlebnissen. Wir versuchten uns im Bogenschießen mit unseren selbstgebauten Pfeilen; wir übten im Stockkampf uns auf unsere Partner einzulassen und einen gemeinsamen Rhythmus zu finden; wir erkundeten die Gegend mit ihren beeindruckenden Relikten aus der längst vergangenen Römerzeit; wir backten Pizza und schliefen unter freiem Himmel; wir badeten in den Schwefelquellen und tobten in der Meeresbrandung.
Sobald sich jedoch die Dämmerung über unseren Olivenhain senkte, kamen mit den längeren Schatten auch die tiefgründigen Fragen zum Vorschein: „Wo stehe ich im Leben und wo will ich hin?“ „Was sind meine Träume und meine Ziele?“. Als Vorbereitung auf den Höhepunkt unserer Zeit hier, das Solo, saßen wir also auf unseren Sitzplätzen in der Natur um diesen, unseren Fragen, auf den Grund zu gehen.
Dann war der Tag gekommen, an dem wir unser althergebrachtes Lager verließen, um in den Bergen den Ort zu suchen, an dem wir, jeder für sich alleine, 24 Stunden in der Natur verbringen würde. Nachdem wir uns in dieser neuen Umgebung orientiert und eingerichtet hatten, ging es am nächsten Tag im Morgengrauen los. In den folgenden 24 Stunden kamen alle von uns an ihre Grenzen: die Langeweile, das Schweigen, die Müdigkeit und der Hunger forderten ihren Tribut und ein hohes Durchhaltevermögen – aber auch ein neugieriger Stier stattete auf der Suche nach Fressbarem einigen von uns einen Besuch ab. Am Ende waren alle sehr erleichtert, als wir uns am nächsten Morgen wieder zusammen fanden, um das Schweigen und das Fasten zu brechen und die Erlebnisse und Erfahrungen der letzten 24 Stunden sprudelten nur so aus jedem heraus.
Viele Erfahrungen reicher, kamen wir nach Lauro zurück – noch etwas müde und erschlagen von den Erlebnissen des letzten Tages und der letzten Nacht genossen wir noch zwei Tage lang das Gefühl von Sonne auf der Haut und des `dolce vita` um uns herum, bevor es Abschied nehmen hieß. Wie wir gekommen waren, verließen wir Italien wieder in einer ausdauernden Fahrt Richtung Norden - beinahe wie wir gekommen waren - denn wir waren um viele Freundschaften und Erlebnisse und einige beantwortete Fragen und Zukunftsvisionen reicher.